Montag, 7. November 2011

Pflegereform mit zu erwatenden Hindernissen

Welch eine Überraschung...
die Enttäuschungen über den Stand der von Herrn Rösler "versprochene" Pflegereform ist hoch.
Ich frage mich nur warum.
Die beiden "großen Pflegevereinigungen
Deutscher Pflegerat > gegr. 1998
DBfK > gegr. 1903 (umbenenn. 1991)
haben seit Ihrer Gründung für die Pflege noch kein einziges mal einen großen Schritt nach vorne geschafft. Sie sind höchstens in Fachkreisen bekannt und das Angebot der sogenannten Vertretungen sind mehr als armselig.
Die gewerkschaftliche Vertretung Verdi hat den Bereich immer sehr stiefmütterlich behandelt und die Mitglieder mit Abschlüssen, die im Grunde indiskutabel sind, versucht bei der Stange zu halten. Ansonsten wäre ja die Gefahr, dass die Mitglieder irgendwann mit dem Verdienst zufrieden wären und die Mitgliedschaft kündigen. Die Abschlüsse dienen also nur dem eigenen Erhalt. Erst seit ein paar Monaten ist Verdi auf den Zug aufgesprungen, die "Arbeitssituation" der Pflegenden verbessern zu wollen. Reiner Populismus also...
Nun, wieso diese Enttäuschung?
Man hatte einen Bundesgesundheitsminister vor sich, der unbedingt etwas Aufmerksamkeit brauchte, das die FDP auch zu diesem Zeitpunkt schon kräftig schlingerte. Die Pflege für sich zu nutzen war ein geschickter Schachzug, denn von allen Angestellten im öffentliche Dienst ist das Pflegepersonal das, welches in der Bevölkerung als "eher unterbezahlt" wahrgenommen wird. Dieses Feedback erhalte ich auch selber immer wieder von meinen Patienten. Da er aus dem Gesundheitswesen gekommen ist, wusste er um diese Schwachstelle und nützte diese medienwirksam aus.
Man kann ihn nicht einmal einen Vorwurf daraus machen. Er brauchte das zum überleben und die Pflegevertreter haben sich gerne benutzen lassen, ohne es zu bemerken.
Dann kam der große Aufstieg Herrn Rösler und er konnte, ohne das Thema abzuschließen in ein anderes Ministerium wechseln. somit ist er nicht mehr verantwortlich dafür, wenn die Reform in einer Schublade verschwindet. Der deutsche Pflegerat war zufrieden, weil eine Reform angekündigt war und wartete schön brav in der Ecke.
Der neue Bundesgesundheitsminister Bahr hatte dann erst einmal zu tun, um sich mit EHEK und co. zu befassen und sich in das Ministerium einzuarbeiten. Der "hochqualifizierte" Banker zog grinsend von einer Show zur anderen und vermied es, das Thema Pflege anzuschneiden. Die Reform sollte zum "Sommerende" kommen. Es wurde "August, September, Oktober... nichts tat sich. der Pflegerat begann mit den Hufen zu scharren und so wurden schnell ein paar Worthülsen geformt und mit ein paar Zahlen aufgehübscht. Man pickte sich den Bereich "Demenzkranke" heraus, weil auch dieser Bereich in der Bevölkerung mit vielen Emotionen behaftet ist. Jetzt muss das aber erst einmal in den nächsten Monaten im Koalitionsausschuss besprochen werden und schwupp ist schon wieder ein Jahr herum. 
Das Gesamtpaket "Pflegereform" wird also so aufgeteilt, dass es nicht mehr nachvollziehbar wird, was sich genau ändern soll. Diese Taktik lässt sich sicherlich bis zur nächsten Wahl ausdehnen und dann gibt es sowieso wieder einen neunen Minister.
Wenn die Pflegeverbände seit ca. 20 Jahren nicht einen Stich gemacht haben, und die Gewerkschaften sich auch nur so weit für die Mitglieder einsetzen, dass ihre Daseinsberechtigung erhalten bleibt, muss man sich als Pflegekraft fragen, welchen Sinn diese Vertretungen eigentlich noch haben und wieso man dafür auch noch Beiträge entrichten muss.
Das heuchlerische aufschreien der Vertretungen jetzt, können sie sich gerne sparen.
Sie haben es selber in den letzten Jahren nicht geschafft, etwas zu bewegen. Also dürfen sie sich auch nicht darüber aufregen, wenn andere auf Zeit spielen.


Das Pflegepersonal ist aber auch viel zu leicht an die Wand zu spielen.
In der Patientenversorgung heißt es immer "es darf nicht am Patienten ausgehen"...
Ja an wem denn sonst? An der Verwaltung? An den Politikern?
Wir arbeiten am Patienten und nicht mit der Verwaltung oder Politikern.
Kommt ein "hohes Tier" als Patient, wird er besonders hofiert, anstatt dass man ihn genau so behandelt wie andere Patienten.
Wenn Personal krank wird, kompensiert der Rest der Belegschaft bis zum umfallen, anstatt Abstriche zu machen.
Wie sollte also ein Aufschrei durch die Bevölkerung gehen, wenn die Arbeitssituation nicht auch nach außen sichtbar ist?


Welche Möglichkeiten hat die Pflege nun?
Realistisch betrachtet keine...
Fiktiv gesehen...
Bei jeder, durch Pflegefehler verursachte Infektionswelle die in der Presse auftaucht, müsste sofort auf die Arbeitsbedingungen und die schlechte Bezahlung hingewiesen werden. 


Wer schlecht bezahlt wird, wird seine Arbeitsleistung irgendwann auch an die Bezahlung anpassen.


Man müsste bundesweite Aktionen koordinieren, die es wert sind, dass große Zeitungen und das Fernsehen davon berichten. Dabei sollte durch die Aktion auch gleich dargestellt werden, wie es in Deutschland aussieht, wenn die Pflegekräfte ihr Engagement weiter einschrumpfen.


Vor allem politische Größen, Großindustrielle, Lobbyisten und deren Angehörige dürften nicht mehr hofiert werden, sondern sollten auf dem gleichen Level behandelt werden, wie ein durchschnittlicher Kassenpatient.


Aber bevor das geschieht kann man wohl eher in der Hölle schlittschuhlaufen. Die Vertretungen sind mehr mit sich selbst beschäftigt und das Personal ist zu feige, sich selbst zu verwalten.
Also kann jeder neue Bundesgesundheitsminister getrost auf den Zug aufspringen, ohne Gefahr zu laufen, jemals liefern zu müssen...


Am 7. Dezember jährt sich übrigens das Treffen der "Fachleute"
spiegel.de/politik

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